Neues Aktienrecht ab 1.1.2023: Was gibt es zu tun?

Abstract

Der Bundesrat hat das 2020 verabschiedete neue Aktienrecht per 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt (Übersicht über die neuen Regeln im Homburger Bulletin vom 22. Juni 2020). Gleichzeitig wurde die Handelsregisterverordnung angepasst.

Dieses Bulletin erläutert, was es für börsenkotierte und private Unternehmen bereits im Jahr 2022 zu tun gibt, um von den neuen Möglichkeiten zu profitieren und die neuen Regeln einzuhalten.

1. Überprüfung der Statuten und Reglemente

Bestehende Statuten und Reglemente schöpfen die Flexibilität des neuen Rechts oft nicht aus oder enthalten Bestimmungen, die dem neuen Recht nicht entsprechen. Letztere bleiben längstens bis zum 1. Januar 2025 in Kraft, müssen bis dahin aber geändert werden.

Für börsenkotierte wie private Gesellschaften empfiehlt es sich, die bestehenden Statuten und Reglemente zu prüfen und zu entscheiden, ob und wann sie anzupassen sind. In gewissen Fällen könnte eine Anpassung schon in diesem Jahr sinnvoll sein. In anderen Fällen könnte auch die zweijährige Übergangsfrist ausgeschöpft werden.

Neue Statutenbestimmungen, die erst unter neuem Recht zulässig sein werden, können grundsätzlich bereits jetzt in die Statuten eingefügt werden. Die Statuten müssen aber vorsehen, dass diese Bestimmungen erst per 1. Januar 2023 in Kraft treten.

2. Währungswechsel und Kapitalband ab 1. Januar 2023

Aktiengesellschaften und GmbHs können ab 1. Januar 2023 ihr Grundkapital auch in Euro, US-Dollar, britischen Pfund oder japanischen Yen angeben, wenn dies ihre funktionale Währung ist. Ein Währungswechsel ist prospektiv oder retrospektiv auf den Beginn eines Geschäftsjahrs möglich.

Es gibt viel zu entscheiden
– bereits in diesem Jahr

Aktiengesellschaften können zudem ein Kapitalband einführen, das den Verwaltungsrat ermächtigt, das Aktienkapital während bis zu 5 Jahren um bis zu 50% zu erhöhen und/oder herabzusetzen. Dies ist eine bedeutende Flexibilisierung.

Ein Währungswechsel oder die Einführung eines Kapitalbands per 1. Januar 2023 kann bereits im Jahr 2022 beschlossen werden. Die entsprechende Statutenänderung muss bedingt sein auf das Inkrafttreten des neuen Rechts. Falls die Statuten vor dem 1. Januar 2023 nochmals geändert werden, müsste die bedingte Statutenänderung noch einmal beschlossen werden.

3. Planung der GV 2023

Ab 1. Januar 2023 werden sog. «Covid-19-Generalversammlungen» nicht mehr zulässig sein. Das neue Recht lässt neben der Präsenz-GV auch virtuelle und hybride Generalversammlungen sowie schriftliche Aktionärsbeschlüsse zu. Daneben gibt es zahlreiche weitere Änderungen im Zusammenhang mit der GV und der Ausübung von Aktionärsrechten.

Es empfiehlt sich insbesondere für Publikumsgesellschaften, festzulegen, in welcher Form sie ihre GV in Zukunft durchführen möchten. Die bestehenden Prozesse sind entsprechend zu überprüfen und anzupassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass virtuelle Generalversammlungen (z.B. per Videokonferenz) sowie Versammlungen im Ausland eine Grundlage in den Statuten erfordern.

4. Vergütungen bei Publikumsgesellschaften

Die Regeln über Vergütungen bei Publikumsgesellschaften ändern per 1. Januar 2023. Es ist zu empfehlen, das Vergütungssystem und die Verträge mit Mitgliedern der Unternehmensleitung bereits in diesem Jahr auf Einhaltung der neuen Regeln zu prüfen. Verträge, die am 1. Januar 2023 bereits bestehen, sind bis zum 1. Januar 2025 anzupassen. Danach sind Vertragsbestimmungen, die dem neuen Recht widersprechen, ungültig.

Sehen die Statuten eine prospektive Abstimmung über die variablen Vergütungen vor, so ist der Vergütungsbericht erstmals für das Geschäftsjahr 2023 der GV zur Konsultativabstimmung vorzulegen.

5. Rechnungslegung, nicht-finanzielle Berichterstattung und Sorgfaltspflichten

Die (wenigen) neuen Regeln im Rechnungslegungsrecht und betreffend den Vergütungsbericht müssen erstmals im Geschäftsbericht für das Jahr 2023 umgesetzt werden.

Die Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten bezüglich Konfliktmineralien und Kinderarbeit sowie die Berichterstattungspflichten für Rohstoffunternehmen und betreffend nicht-finanzielle Belange sind bereits in Kraft. Die betreffenden Gesellschaften müssen die neuen Sorgfaltspflichten ab dem Geschäftsjahr 2023 anwenden und erstmals im Geschäftsbericht für das Jahr 2023 über diese Themen Rechenschaft ablegen. Für weitere Informationen siehe das Homburger Bulletin vom 8. Dezember 2021.

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Homburger wird dieses Jahr Veranstaltungen zum neuen Aktienrecht durchführen. Falls Sie interessiert sind, eine Einladung zu erhalten, können Sie sich gerne an den Autor dieses Bulletins oder an corporate-law-reform@homburger.ch wenden.

Französische Ausgabe

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