Inkraftsetzung der neuen ESG Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten

Am 3. Dezember 2021 hat der Bundesrat beschlossen, den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» sowie die Bestimmungen der Ausführungsverordnung (die Verordnung) auf den 1. Januar 2022 in Kraft zu setzen. Gemäss Gesetz finden die neuen Bestimmungen zur Berichterstattung über nichtfinanzielle Belange und die neuen Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten in den Bereichen Konfliktmineralien und -metallen sowie Kinderarbeit erstmals Anwendung auf das Geschäftsjahr, das ein Jahr nach Inkrafttreten der neuen Bestimmungen beginnt. D.h. dass Unternehmen die neuen Vorschriften erstmals im Geschäftsjahr, welches 2023 beginnt, anwenden müssen. Die ersten Berichte gestützt auf die neuen Vorschriften müssen erstmals 2024/2025 mit Bezug auf das Geschäftsjahr, welches 2023 beginnt, erstellt werden.

Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse hat der Bundesrat die Verordnung in gewissen Bereichen verschärft und in anderen Bereichen gewisse Klarstellungen vorgenommen.

So hat der Bundesrat die Ausnahme für KMUs dahingehend eingeschränkt, dass diese nur noch von den neuen Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten befreit sind, sofern sie nicht Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die offensichtlich unter Einsatz von Kinderarbeit hergestellt oder erbracht wurden (Art. 8 der Verordnung). Als KMUs gelten Unternehmen, die zusammen mit den von ihnen kontrollierten in- und ausländischen Unternehmen, in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der nachstehenden Grössen unterschreiten: Eine Bilanzsumme von CHF 20 Millionen, ein Umsatzerlös von 40 Millionen und 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt.

Weiter wurde die pauschale Ausnahme von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten in Bezug auf rezyklierte Metalle gestrichen. Die Verordnung sieht weiterhin gewisse Erleichterungen in Bezug auf rezyklierte Metalle vor (so entfallen das Meldeverfahren, das Risikomanagement und die Prüfung durch ein Revisionsunternehmen), gemäss den überarbeiteten Bestimmungen müssen aber auch in Bezug auf rezyklierte Metalle eine Lieferkettenpolitik und ein System zur Rückverfolgbarkeit der Lieferkette erstellt und ein Bericht verfasst werden (Art. 12 Abs. 3 der Verordnung). Dies im Gegensatz zur Verordnung (EU) 2017/821, welche in Art. 7 Abs. 4 in Bezug auf rezyklierte Metalle lediglich fordert, dass Unternehmen seine Feststellung bezüglich Herkunft der Metalle öffentlich macht und beschreibt, welche Massnahmen es in Bezug auf diese Feststellung getroffen hat.

Die Verordnung sieht neu vor, dass Unternehmen ein Meldeverfahren bereitstellen, das es allen interessierten Personen ermöglicht, begründete Bedenken hinsichtlich des Vorliegens einer potenziellen oder tatsächlichen nachteiligen Auswirkung im Zusammenhang mit Mineralien und Metallen aus Konflikt- und Hochrisikogebieten oder Kinderarbeit zu äussern (Art. 14 der Verordnung).

Der Bundesrat hat die anzuwendenden international anerkannten gleichwertigen Regelwerke für die Befreiung von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten in Bezug auf Kinderarbeit erweitert. Neu müssen Unternehmen hierfür sowohl die ILO-Übereinkommen Nrn. 138 und 182, das ILO-IOE Child Labour Guidance Tool for Business sowie entweder den OECD-Leitfaden vom 30. Mai 2018 für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln oder die UNO Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte anwenden. Gemäss dem ersten Entwurf der Verordnung genügte für die Befreiung von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten, neben der Anwendung der ILO-Übereinkommen Nrn. 138 und 182, die Anwendung entweder des ILO-IOE Child Labour Guidance Tool for Business oder des OECD-Leitfadens vom 30. Mai 2018 für die die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln.

In anderen Bereichen hat der Bundesrat in der Verordnung bzw. im Erläuternden Bericht zur Verordnung Klarstellungen vorgenommen. So wird neu in der Verordnung klargestellt, dass Unternehmen, welche von einer konsolidierten Berichterstattung erfasst sind, von der separaten Berichterstattung befreit sind (Art. 17 Abs. 1 der Verordnung).

Im Erläuternden Bericht zur Verordnung hat der Bundesrat klargestellt, dass in Bezug auf die in der Verordnung geforderte Dokumentierung (vgl. Art. 3, 5, 7, 12, 13, 14 der Verordnung) eine unternehmensinterne Dokumentierung, welche es ermöglicht, Geschäftsgeheimnisse zu wahren, ausreichend ist.

Der überarbeitete Erläuternde Bericht zur Verordnung stellt zudem klar, dass die Sorgfaltspflichten generell nach Risiken priorisiert und abgestuft werden können. Insbesondere sind Risiken nach der Eintretenswahrscheinlichkeit und Schwere der möglichen schädlichen Auswirkungen zu bewerten und die zu ergreifenden Massnahmen entsprechend zu priorisieren. Im ersten Entwurf des Erläuternden Berichts wurde dies explizit nur in Bezug auf das System zur Rückverfolgbarkeit der Lieferkette in Bezug auf Kinderarbeit festgehalten.

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